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Obus Berlin

1934 - SSW / MAN

Die vier Wagen 1101 bis 1104 wurden von MAN (Karosseriebau) und SSW (elektrischer Antrieb) 1934/35 für den neuen Steglitzer Betriebsteil gebaut.  Siemens verwendete zunächst den Begriff “Elbus” für Elektrischer Bus. Die 3-achsigen Fahrzeuge boten jeweils 36 Sitz- und 29 Stehplätze an. Die Motorleistung (Doppelmotor) lag bei 2x45 kW.

 

Selbstlüftender Fahrmotor 45 kW bei 1500 U/min und 550V, Wagen 1102 in der Siemensstrasse, um 1935

Heckpartie des Fahrgestells: seitlich die Kardanantriebe und die besondere MAN Federung.

Zeichnung des 3-achsigen Fahrgestells der Wagen

Zeichnung des 3-achsigen Fahrgestells der Wagen

Abbildung Fahrgestell vom Siemens Elbus

Abbildung Fahrgestell vom Siemens Elbus

Die Wagen waren 10,7 Meter lang und hatten eine Breite von max. 2,50 Metern. Das Gewicht lag bei etwa 10 Tonnen (leer). Das Fahrgestell hatte einen Rahmen mit Längsträgern aus Stahlblech, die am Vorder- und Hinterende nach unten gekröpft sind, um die Trittstufenhöhe an den Türen möglichst niedrig zu halten.  Das Stahlgerippe des Wagenaufbaus ist vollständig geschweißt. Die äußere Verkleidung bestand aus gekupferten Stahlblech; der untere Teil der Verkleidung ist in einzelne Felder von Spant zu Spant geteilt und genietet, sodass jedes einzelne Feld leicht gewechselt werden könnte.

Wagen 1101, 1935

Wagen 1101, 1935

Die Antriebsmotoren waren außen an den Längsträgern des Fahrgestells angebracht, die trieben die Hinterräder je Wagenseite mittels Kardanwelle über ein Ausgleichgetriebe und zwei Schneckengetriebe mit einer Untersetzung von 1:10,67 an. Die Schnecken waren dreigängig.

Die Bremseinrichtung besteand aus einer vereinigten Luft- und Öldruckbremse, System Lockhead (Knorr-Teves), die auf alle sechs Räder wirkte. Zur Erhöhung der Betriebssicherheit ist die Anlage in zwei getrennte Bremskreise aufgelöst worden, dass der eine der beiden Druckzylinder auf die Bremsen des rechten Vorderrades, des rechten Hinterrades und des linken Mittelrades und der andere auf die restlichen Bremsen arbeitete. Damit konnte auch bei Ausfall eines Bremsdruckkreises ordentlich und gleichmässig auf den Wagen gebremst werden. Mit der Betätigung des Bremshebels wurde automatisch das Hauptschütz abgeschaltet wurde, auch wenn noch das Fahrpedal gedrückt wurde.

Fahrschaltertaste        Nockenschaltwerk

Fahrschaltertaste , Nockenschaltwerk. Das Nockenschaltwerk hatte 7 Reihenstufen (1. Reihe = Ruhestellung), 5 Parallelstufen .

Durch den Fahrfußhebel betätigt der Fahrer einen Steuerschalter. Durch diesen Schalter werden die Wagen über ein motorisch angetriebenes Nockenschaltwerk und durch mehrere Hilfsgeräte völlig selbsttätig gesteuert. Der Steuerstrom für den Antriebsmotor des Nockenschaltwerkes wird der Oberleitung entnommen. Für alle anderen Steuergeräte stand die 150 Ah (2x12 Volt) Batterie zur Verfügung.

Die Fahrgäste stiegen hinten ein und vorn durch eine seitlich angebrachte Falttür, die mittels Druckknopf vom Fahrgast oder Fahrer geöffnet werden könnte, aus. Geschlossen wurde die Falttür durch den Fahrer. Bei Dunkelheit war die Trittstufe bei offener Tür beleuchtet. Im Einmannbetrieb sollte nur vorne  ein- und ausgestiegen werden, die hintere Tür war dann durch eine besondere Einhängetür verschlossen. Im Fahrgastraum befanden sich 16 Sitzplätze auf den Längsbänken und 20 Quersitzplätze. Insgesamt 36 Sitzplätze auf den gefederten Polstersitzen.

Wagen 1101 auf der Internationalen Automobilausstellung 1935

Wagen 1101 auf der Internationalen Automobilausstellung 1935

Der Strom wurde dem Elbus durch Dickinson- Rollenstromabnehmer zugeführt, die mittels einer Porzellanisolation und schalldämpfenden Puffern auf dem Dach befestigt sind. Zwischen Rollenkopf und Stromabnehmeranlage ist außer einer zweiten Isolation ein besonderes federndes Verbindungsglied vorgesehen gewesen, um von der Fahrleitung auf die Rolle wirkende Stöße abzufangen. Eine Lampe am Bedienpult warnte den Fahrer vor zu großer Abweichung von der Fahrleitungsmitte. Kurz vor dem Erreichen der maximalen Abweichung von 4,50 Meter seitlich der Fahrleitung ertönte eine Schnarre.

Oberteil des Stromabnehmers (Dickinson-Rollenstromabnehmer) der Siemenswagen (Steglitz, 1935) 1101 bis 1104

Oberteil des Stromabnehmers (Dickinson-Rollenstromabnehmer) der Siemenswagen (Steglitz, 1935) 1101 bis 1104

Zum Abziehen der Stromabnehmer diente eine dreiteilige Stange mit Haken. An der Stange war ein kleiner Lichtsstrahler mit Trockenbatterie befestigt, durch den bei Dunkelheit Haken, Rollenkopf und Fahrleitung beleuchtet wurden. Die Siemens - Elbusse in Steglitz  wurden nicht, wie bei den AEG-Wagen in Spandau üblich, durch elektrische Heizkörper im Fahrgastraum erwärmt, sondern durch das Einblasen von vorgewärmter Luft. Dafür stand unter dem Fahrgastboden  ein Heizkanal zur Verfügung, in dem 14 Heizelemente eingebaut waren. Diese leisteten 500 W bei 600V. Drei Wagen ( 1101 - 1103) sind im Krieg verloren gegangen. Wagen 1104 wurde 1957 ausgemustert.

Technische Daten des SSW - MAN, Wagen 1104

Baujahr:

1934

Wagenbau:

MAN

elektrische Ausrüstung:

SSW (Siemens-Schuckert-Werke)

Getriebeart:

Durchtrieb Schnecke

Zähnezahl der Getriebe:

49:19 * 22:5

Gesamtuntersetzung:

11,33

Motorenanordnung:

Doppel- Kollektormotor

Motorenbezeichnung:

DW 602 a

Stundenleistung bei 100% Err.

2x45 kW

Stundenstrom bei 100% Err.

2x93 A

Stundendrehzahl

1500 U/min

Zul. Höchstdrehzahl

3000 U/min

Zahl der Hilfspole

4 Stück

Fahrschaltertyp

SSW ONW 6

Zahl der Anfahrstufen:

12

Serienstufen bei voller Err.

6

Parallelstufen

4

Motorsteuerung:

feinstufig

Antrieb des Schaltwerkes:

Pedalbetätigung (Fußschalter)

Gewicht leer / besetzt

11795 kg / 16820 kg

Höchstgeschwindigkeit:

50 km/h

Quellen und weiterführende Literatur:

  • Zeitschrift “Verkehrstechnik”, Heft 7/1934: “Neues Dreiachs-Fahrgestell für einen Drahtbus”
  • Zeitschrift “Verkehrstechnik”, Heft 10/1935: “Die zweite Oberleitungsomnibus-Linie in Berlin”
  • Siemens-Zeitschrift 7/1935: “Elektrischer Omnibus (Elbus) im deutschen Großstadtverkehr”
  • Wagenparkbuch der BVG, Januar 1961
  • Dr. Walter Schneider, Band  10, 11 und 12
  • ALBA, Berliner Omnibusse, Gammrath, Jung, Schmiedeke
  • Berliner Verkehrsblätter, Heft 3/1965: “Der Obus in Berlin”
  • Berliner Verkehrsblätter, Heft 3/1965: “ Der Obus-Wagenpark im westlichen Berlin seit 1933”

Text zusammengetragen: Jurziczek, 9/2004

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