Berliner Verkehrsseiten - Das Geschichtsmagazin zum Berliner Nahverkehr

Obus Berlin

Fahrleitungsweichen und -kreuzungen

Die Fahrleitungsanlage in Spandau (AEG)

Die Fahrleitung in Spandau und Steglitz bestand aus einer Doppelfahrleitung für die jeweilige Fahrtrichtung, deren Querschnitt 80 mm2 in Spandau  betrug. 

Als Querschnittsform ist der bereits bekannte Oval-Fahrdraht, der besonders große Seitensteifigkeit besitzt, verwendet worden. Die Unebenheiten des Fahrdammes und die Erfordernis, von der Fahrleitungsmitte um eine nicht unbeträchtliche Größe abweichen zu müssen, machten eine von der bisherigen Ausbildung bei Schienenbahnen grundlegend abweichende Fahrleitungskonstruktionen notwendig. Hierzu kam noch die durch das seitliche Ausweichen erforderliche, dynamisch nicht günstige längere Bemessung der Stromabnehmerstangen als z.B. bei Straßenbahnwagen. Man musste daher von der bisherigen starren Fahrleitungsaufhängung, wie sie bei gleisgebundenen Bahnen üblich sind, abgehen und zu einer frei beweglichen Fahrdrahtaufhängung nicht nur in der Geraden, sondern auch in den Kurven übergehen.

Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten

Gerade AEG-Obus-Fahrleitung am Bahnhof Staaken / Nennhauser Damm

Durch die als Kettenglied ausgebildete Aufhängung des Isolators am Querdraht unter Verwendung einer frei beweglichen Fahrdrahtklemme, die außerdem mittels Gabelöse am Isolator drehbar aufgehängt war, wurde ein Ausweichen der Fahrleitung nach allen Seiten ermöglicht. Eine Übertragung der Fahrdrahtschwingungen auf die am selbigen Querdraht hängenden anderen Fahrdrähte wird hierdurch verhindert. In Kurven mit engen Kurvenmaßen (600 Meter) wurde die Beweglichkeit durch besondere Gelenkbügel erzielt. Hierbei greift der Querdraht auf der Krümmungsaußenseite des Bügels am mittleren und einstellbar ausgeführten Drehpunkt und am oberen Ende des Bügels an. Die seitlichen Schwingungen des Fahrdrahtes wurden vom Kurvenbügel aufgenommen. Er übertrug sie infolge der Hebelanordnung verkleinert auf den Querdraht. Das Anheben oder Senken des betreffenden Querdrahtteils stellte den Ausgleich der nunmehr gedämpften Schwingungen dar. Die senkrechten Fahrdrahtbewegungen haben ein Schwingen des seitlich angeordneten Isolators um seinen Drehpunkt am unteren Ende des Kurvenbügels zur Folge gehabt. So wurde auch bei den Aufhängepunkten auf die am selben Querdraht befestigten anderen Fahrdrähte möglichst vermieden.

Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten

Beispiel für enge Kurvenradien, Staaken

Die Aufhängepunkte der Kurven mit großem Halbmesser sind sinngemäß wie die für die Gerade Strecke ausgebildet. Um ein Verkanten des Fahrdrahtes bei der durch den Kurvenzug hervorgerufenen Schräglage des Isolators zu verhindern, wurde dem durch eine Kurvenklemme gefasten Fahrdraht durch eine besondere Gelenkgabel eine freie Einstellung ermöglicht. Die seitlichen Gittermasten wurden in einem Anstand von 28 Metern aufgestellt.

Die Fahrleitungsanlage in Steglitz (Siemens-Schuckert Werke)

In Steglitz betrug der Fahrleitungsquerschnitt 100 mm2 nach DIN VDE 3141. Der Abstand zwischen den beiden Fahrdrähten betrug 600 mm. Die Fahrleitung wurde doppelt isoliert - von einigen wenigen Ausleger-Stützpunkten mal abgesehen - durchweg an Querüberspannungen aufgehängt, die, soweit es möglich war, an Windrosetten, sonst an Masten befestigt waren. Auf den dicht bebauten Streckenabschnitten in Steglitz und Lankwitz kamen Stahlrohrmaste zur Verwendung, auf der Außenstrecke nach Marienfelde wurden Schleuderbetonmaste benutzt. Die normale Spannweite betrug auch hier 28 Meter, die größte Mastentfernung bei Flachkettenaufhängung lag jedoch bei 65 Meter.

Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten

Isolierte Fahrdrahtaufhängung für gerade Strecken der Steglitzer Strecken (Siemens)

Die Fahrdrahtaufhängung für die gerade Strecke ist besonders leicht ausgeführt worden, um das Stadtbild nicht mehr als nötig zu belasten.  Der Isolierkörper bestand aus einem hochwertigen Sonderporzellan mit ausgezeichneten mechanischen Eigenschaften und konnte infolgedessen mit Hilfe eines Temperaturgußhalters unmittelbar in den Querdraht eingebaut werden . Durch den Knick im Querdraht wurde der Porzellankörper in den Halter gedrückt. Den Halter hat man in der Weise eingebaut, dass sein Schutzmantel auf die der Fahrtrichtung entgegengesetzte Seite zu liegen kommt, sodass bei etwaigen Entgleisungen des Stromabnehmers der Isolierkörper selbst durch den Schutzmantel gegen Schläge geschützt ist.

Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten

Bewegliche Aufhängung der Fahrdrähte. Festklemmen der Fahrdrähte durch Anziehen der Hohlschrauben von den Aussenseiten der Fahrleitung. Foto: Montage der Steglitzer Fahrleitung 1935

In Krümmungen ist der Kurvenhalter ähnlich der bei Straßenbahnen verwendete Aufhängung konstruiert

Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten

Kurvenhalter für die Steglitzer Obusanlage

Fahrleitungskreuzung Obus / Straßenbahn

Die Schaffung der Kreuzungspunkte mit der Straßenbahn gestaltete sich sehr schwierig. Die Straßenbahn benutzte 1933 teilweise neben den Bügelstromabnehmern auch noch die alten Rollenstromabnehmer.

Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten

Zeichnung einer Fahrdrahtkreuzung zwischen Obusfahrleitung und Straßenbahndraht für Rollen- und Bügelstromabnehmer (Spandau, 1933)

A= Obusfahrdraht, B= Straßenbahnfahrdraht für Rollenstromabnehmer, C= Straßenbahnfahrdraht zum Herabdrücken durch die Bügelstromabnehmer D= Isolierstück

Die 1600 Meter lange Zufahrt zum gemeinsamen Straßenbahn- und Obusbetriebshof Spandau in der Pichelsdorfer Straße führte über eine gemeinsam von Straßenbahn und Obus genutzten Streckenabschnitt.

Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten

Auf der Abbildung ist die Klosterstraße, Blickrichtung zum Rathaus Spandau zu sehen. Links die Einbiegung zum heutigen Brunsbüttler Damm. Von der gemeinsam von Straßenbahn-Bügelstromabnehmer, Straßenbahn-Rollenstromabnehmer und Obus-Rollenstromabnehmer genutzten Fahrleitung splittet sich hier der Obus seitlich ab. Der Minus-Draht liegt innen, zwischen den beiden Pluspolen der Straßenbahn

Die gemeinsam vom Straßenbahn und Obus genutzte Fahrleitung  vom Betriebshof zum Brunsbüttler Damm  wurde so ausgeführt, dass der Plusgleiter des Stromabnehmers dem Fahrdraht der Straßenbahn (entsprechend der Fahrtrichtung) folgt, der Minusgleiter auf einer separaten zwischen den Plusdrähten liegenden Minusleitung (also links).  Heute sind derartige Fahrleitungskombinationen in Europa nicht mehr zulässig.

An der Stelle, an der  die Zufahrtslinie vom Betriebshof  in die Betriebsstrecke  einmündet, konnten im Bedarfsfalle über eine Dreiecksfahrt auf der Kreuzung die Wagen umgesetzt werden. An den beiden Endhaltestellen standen Wendeschleifen zur Verfügung.

Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten

Isolierte, spitzwinklige Luftkreuzung einer einspurigen Obus Fahrleitung mit einer Straßenbahnfahrleitung, Steglitz, 1935

In Steglitz wurde die Zufahrt vom Streckennetz zum Betriebshof getrennt von der Straßenbahnfahrleitung gezogen.  Kreuzungen Straßenbahn / Obus wurden stets  isoliert. Dabei lief der + Pol des Obus stets durch, der + Pol der Straßenbahn wurde am Kreuzungspunkt gebrochen. Kreuzungen Obus / Obus wurden nicht isoliert.

Heutige Fahrleitungskreuzungen sind noch immer gegeneinander isoliert, in ihrem Aufbau haben sie sich jedoch etwas verändert und sind somit komplizierter geworden. Auch Kreuzungen mit der Eisenbahn-Fahrleitung (16 2/3 Hz) sind heutzutage möglich.

Fahrleitungsweiche Obus, Spandau 1933

Auch wenn der Obus keine Gleise benötigt, kommt er nicht ohne Weichen aus. Da der Fahrstrom für den Obus aus der Fahrleitung nicht über einen Schleifbügel (wie bei der Straßenbahn heute) übertragen wird, sondern der Stromabnehmer mittels Rollenstromabnehmer von der Fahrleitung geführt wird, benötigt der Obus eine Fahrdrahtweiche an Streckenverzweigungen. Die Fahrdrahtweichen (auch Luftweiche genannt oder Trolley-Switch) können manuell bedienbar, funkferngesteuert oder gar nicht stellbar sein.

Fahrdrahtweichen, die stumpf befahren werden (in eine Streckenvereinigung hinein), sind meist nicht stellbar, sie werden durch die Rollen des Stromabnehmers aufgefahren und stellen sich dann in eine Vorzugslage per Federdruck zurück. 

Fahrdrahtweichen, die spitz befahren werden, waren in Spandau bis 1945 mit Federzungen ausgeführt. Die einzig regulär zu stellende Weiche in der Klosterstraße (in den Brunsbüttler Damm oder zum Betriebshof) wurde über einen Seilzug vom Schaffner manuell am Fahrleitungsmast  umgestellt.

Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten

Obus-Fahrdrahtweiche, oder Luftweiche oder trolleybus-switch , Spandau, 1933

Fahrleitungsweiche Obus, Steglitz 1935

In Steglitz wurden 1935 zunächst 3 Weichenformen verwendet. Die Stellweiche, die spitz befahren und elektrisch gestellt werden konnte, die Federzungenweiche, die spitz und nur in einer vorbestimmten Lage befahren werden konnte (Rückfallweiche), stumpf befahren von beiden Richtungen her befahren werden konnte.  Die dritte Weichenform war die starre Weiche (ohne Zungen), die nur von den stumpfen Enden befahren werden konnte.

Bei den Stellweichen befand sich über dem Weichenkörper der dazugehörige Stellmagnet. Eine Kupplung der beiden Zungen eines Weichenpaares ist nicht ausgeführt worden. Das Umstellen geschah über einen einfachen Knebelschalter, der in einem verschließbaren Kasten untergebracht war. Der Schaffner musste als absteigen und sich die Luftweiche richtig legen. Der Knebelschalter dreht sich wieder nach dem Loslassen in seine Ausstellung zurück. Die Umstellmagnete wurden nur kurz angeregt. Die Weichenzungen liefen durch Federkraft wieder in die Vorzugslage (überwiegend genutzte Stellung) langsam zurück.

In Steglitz kamen nach 1945 vier elektrisch fernbediente Fahrdrahtweichen mit Weichensignalen (Leuchtpfeile) zum Einsatz.

Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten

Einbau einer Luftweiche, Steglitz, 1935

Quellen und weiterführende Literatur:

  • Zeitschrift Verkehrstechnik, Heft 23/1933: “Die erste Berliner Drahtbus-Linie Spandau - Staaken”
  • AEG Mitteilungen 2/1935 : “Elektrischer Oberleitungsomnibus Spandau - Staaken”
  • Siemens-Zeitschrift 7/1935: “Elektrischer Omnibus (Elbus) im deutschen Großstadtverkehr”
  • Der Stadtverkehr, Heft 12/1963: “30 Jahre Obusbetrieb in Berlin”
  • ALBA, Berliner Omnibusse, von Gammrath, Jung und Schmiedeke
  • elektrische Bahnen, Heft 7/2004: “Parallelführungen und Kreuzungen von Straßenbahn- und Trolleybusoberleitungen”, Willy-Urs Brassel

Text und Zusammenstellung: Jurziczek, fachliche Unterstützung: Mattis Schindler, 2004

Zurückblättern 

Nach oben blättern
Vorblättern

[Geschichte] [Fahrzeuge] [Strecken] [Bilder] [Technik] [Links] [Dokumente] [Impressum]

Online Magazin zur Berliner Verkehrsgeschichte