U-Bahn Berlin |
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1972 Stilllegung - 1977 Versuchsanlage und 1981 Magnetbahn Nach der Stilllegung der Stammstrecke Wittenbergplatz - Hochbahnrampe - Nollendorfplatz/oben - Bülowstraße - Gleisdreieck/unten wurde es ruhig, erst langsam wurden Nutzungsideen diskutiert. So entstand im Hochbahnhof Bülowstraße ab dem 3.9.1973 ein Gewerbemarkt “U-Tropia”, eine Mischung aus Markthalle und Trödelmarkt, später im Hochbahnhof Nollendorfplatz ein Trödelmarkt. Ausgemusterte A2 Kleinprofilwagen auf den Bahnhofsgleisen dienten als Verkaufsraum.
Am 25.7.1978 wurde ein Museumstriebwagen 3344 der Straßenbahn (TM 33) auf die Hochbahngleise gesetzt, der dort zwischen den Hochbahnstationen Bülowstraße und Nollendorfplatz die beiden Hochbahnmärkte verband. Hinter dem Bahnhof Bülowstraße wurden sogar zwei Großprofilwagen der Bauart C als Toilettenwagen auf die Gleise gestellt. Zum Museumsbahnbetrieb siehe auch Dienstanweisung für das Fahrpersonal aus dem Jahr 1978, im Dokumentenbereich der Berliner Verkehrsseiten, Nummer T_071. Der Bahnsteig Gleisdreieck/unten wurde in diese Nutzung nicht eingeschlossen, wahrscheinlich da der Bahnhof zu abgelegen, fern eines regionalen Stadtkerns liegt. Sonderfahrschein und Plakat der Hochbahn-Sondernutzung: Türkischer Basar und deutscher Trödelmarkt verbunden durch einen Straßenbahn Vorkriegstriebwagen aus der historischen BVG- Museumssammlung. Der Triebwagen 3344 gehört heute zur vom DVN betreuten Museumssammlung
Trödelmarkt in ausrangierten A2-U-Bahnwagen, die 1972 in beide Bahnsteiggleise des Hochbahnhofes Nollendorfplatz geschoben wurden und dort bis 1991 als Verkaufsraum dienten.
Während auf dem oberen Bahnsteig in Gleisdreieck der Verkehr abgewickelt wurde, ruhte auf dem unteren Bahnsteig der öffentliche Betrieb. 1972 kaufte der Westberliner Senat den schmalen Geländestreifen des einstigen Potsdamer Fernbahnhofes zwischen dem Potsdamer Platz und dem Landwehrkanal, damit auch die auf diesem Gebiet befindliche Trasse der Spittelmarktlinie, die sich bisher auf Ostberliner Gebiet befand ---> Kartenausschnitt bei Mirko Tamkus Für die Herstellung der das neue Flurstück querende Bernburger Straße wurde durch die Senatsbauverwaltung irrtümlich nicht nur die Gleisanlage des Potsdamer Bahnhofes beseitigt, auch 100 Meter der Spittelmarktlinie wurde dabei abgebaut. Damit verstieß die Bauverwaltung gegen den politischen Grundsatz des Westberliner Senats, keine unterbrochenen Verbindungen der sektorenübergreifenden Verkehrswege zu entfernen oder durch bauliche Veränderungen zu verstellen. Stets soll erkennbar sein, welche politische Seite die Verbindungen aufgab und diese durch städtebauliche Veränderungen für die Zukunft unbrauchbar macht. Hintergrund war gewesen, dass im Flächennutzungsplan 1965 (FNP 65) in diesem Zusammenhang eine Strassenplanung (verlängerte Kochstr.) vorgesehen war, die Spittelmarktlinie zum Magdeburger Platz verlegt werden sollte. Diese Pläne waren jedoch Anfang 1974 bereits schon wieder verworfen worden. Damit ist der Sinn des Grundstückskaufs auch zerfallen. Siehe dazu auch Artikel unter “Strecken -> Transit unter Ostberlin”. Am 11.5.1976 schreibt dazu der Tagesspiegel.
Die roten Schutzhaltesignale kennzeichnen das bis 1972 zum Stadtbezirk Mitte gehörende Gebiet östlich des Landwehrkanals . Rechts das in Westberlin (Schöneberg) befindliche Verwaltungsgebäude der Reichsbahndirektion Berlin.
Aufgrund politischer Trennung stillgelegt. Selbstblocksignal 60 vor der Landwehrkanalbrücke
Irrtümlich abgebaut: Spuren der Trennung sollen nach westlicher Ideologie stets erkennbar sein, sichtbar, welche der beiden Seiten die bauliche Trennung hervorgerufen hat. Für den späteren Versuchsbetrieb wurden die Gleise wieder aufgebaut.
Dokumentation der Fahrzielanzeiger: Letztmalig im Dezember 1971 aufgeleuchtet, hier zu Demonstrationszwecken 1977 nochmals angeschaltet. Dieser Fahrzielanzeiger in Gleisdreieck hat jedoch später nie wieder diese Zugziele angekündigt. Richard-Wagner-Platz ist auch heute mit regulären Fahrgastzügen ab Gleisdreieck nicht mehr direkt zu erreichen, gehört seit 1970 nicht mehr zum Kleinprofilnetz sondern seit 1978 zum Großprofilnetz der Berliner U-Bahn. Mit einer Versuchsanordnung für ein neues Zugsicherungssystem der Firma SEL kam 1977 wieder Leben auf diese Strecke zwischen Dennewitzplatz und Bernburger Straße. Zusammen mit dem Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) und der Berliner- Verkehrs-Consulting (BVC) wurde das Projekt finanziert, die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) stellten den nicht genutzten Streckenabschnitt Bülowstraße - Gleisdreieck mit 1646 Metern Streckenlänge zur Verfügung. SELTRAC Versuchsstrecke auf der Strecke zwischen Bülowstraße — Gleisdreieck/unten — Potsdamer Platz (1979) Für die Versuchsanordnung wurde der Gleisoberbau völlig erneuert und ein eigenes Versuchsstellwerk am Ende des unteren Bahnsteiges errichtet. Um die Fahrzeuge zur Versuchsstrecke zuzuführen, blieb die alte Verbindungskurve Bs-M (Südkurve) aus dem Jahr 1902 zwischen der Versuchsstrecke und dem Hochbahnbetrieb in Betrieb. Erneuerter Gleisoberbau auf der SELTRAC-Strecke (1979) Von der Versuchsstrecke nach oben wurde über das Stellwerk Go eine Fahrstraße eingestellt und signalisiert in den Hochbahnbetrieb eingefahren. In der Gegenrichtung musste der Zug vom oberen Bahnsteig bis hinter die Abzweigweiche gefahren werden, und nach einem Fahrtrichtungswechsel auf mündliche Zustimmung durch die eingleisige Kurve auf die unteren Gleise fahren. Im Betriebsalltag eine eher aufwendige Angelegenheit.
Bundesminister Hans Matthöfer (BMFT) bei der Eröffnung der SELTRAC-Versuchsanlage Gleisdreieck auf dem unteren Bahnsteig Für den Betrieb auf der Versuchsstrecke wurden zunächst zwei A3L Einheiten (848/849, 856/857) besonders für den Einsatz am Gleisdreieck hergerichtet. Die Zugsteuerungstechnik SELTRAC ermöglicht ohne Lichtsignale und ohne Fahrpersonal die Fahrzeuge im sicheren Abstand voneinander zu halten, Züge anzuhalten wenn der Fahrweg nicht freigegeben wurde (Weichen noch nicht gestellt sind oder Störungen im Fahrweg vorliegen).
Streckenübersicht der SELTRAC-Versuchsanlage im Stand 1977 (Inbetriebnahme). Demnach wurden anfänglich auch 110 Meter Tunnel der Spittelmarktlinie befahren, direkt bis an das Ende der Kehranlage Potsdamer Platz, die im Westsektor gelegen von den Zügen der BVB für die Linie A verwendet wurde. Der Tunnel war hier durch eine Mauer jedoch getrennt. Tunnelportal Spittelmarktlinie an der Bernburger Strasse in Westberlin (1984) Die BVG erhielt die Streckenanlage am Gleisdreieck/unten 1981 wieder zurück und nutzte die Gleisanlagen für Fahrschul- und Ausbildungszwecke von Orts- und Fahrpersonal. Ein Teil der Versuchsanlage musste bereits 1980 dem Aufbau der Magnetbahn-Versuchsanlage weichen.
Stromschienenplan 1983 der einstigen Versuchsanlage SELTRAC. Die Anlage musste in Gleisdreieck (Gleis 1) schon zurückgebaut werden, da hier der Versuchsbetrieb M-Bahn ab 1980 aufgebaut wurde. Orange die Stromschiene, schwarz die Gleise. Erkennbar auch die elektrifizierte Südkurve des Gleisdreiecks zur Möckernbrücke
Aufnahmen aus dem Ausbildungsbetrieb auf der für den Fahrgastverkehr stillgelegten Strecke Gleisdreieck/unten
Seltene Aufnahme einer Fahrt über die Verbindungskurve für Ausbildungszwecke auf dem Übungsgleis Gu Die Magnetbahn (kurz: M-Bahn) Versuchsanlage am Gleisdreieck wurde 1981 auf wenigen hundert Metern in Betrieb genommen, sie nutzte zunächst in der ersten Ausbaustufe die Trasse der Hochbahn Gleis 1, auf dem Stromschienenplan oben an dem nicht elektrifizierten Gleis 1 erkennbar. Links auf der Karte der Streckenverlauf der Magnetbahn-Versuchsanlage am Gleisdreieck: Orange die M-Bahn (später als M1 bezeichnet), gelb der Stadtbezirk Mitte (Ostsektor), rot zeigt den Verlauf der Spittelmarktlinie, von den Ostberliner Verkehrsbetrieben (BVB) nur für innerbetriebliche Zwecke, auch im Westsektor, genutzt. Während der Magnetbahn- Versuchsfahrten waren die SELTRAC- Versuchsfahrten bereits eingestellt, die verbliebene Gleisanlage wurde jedoch noch für Ausbildungszwecke der BVG genutzt. So waren durchaus gleichzeitig alle Bahnhofsgleise durch Fahrzeuge belegt. Dafür dass der eigentliche Umsteigebahnhof Gleisdreieck keine Umsteigemöglichkeit mehr anbot, war jedoch ein moderner, zukunftsweisender und dadurch vielseitiger Zugverkehr auf Schienen und Magnetfeldern zu beobachten. Für den Freund des Schienenverkehrs war Gleisdreieck stets ein “Umsteigen” in Gleisdreieck wert.
Ausschnitt aus dem Berliner Kleinprofilnetz 1981: Gleisdreieck mit den vielseitigen Nutzungen der angrenzenden Strecken: Regelbetrieb U1, Trödelmarkt, Türkischer Bazar, Museumstraßenbahn, SELTRAC, ab 1981 Ausbildungs- und Übungsstrecke der BVG, Magnetbahnversuchsanlage, Aufstellanlage für Fahrzeuge der Ostberliner Kleinprofillinie A im Grenzgebiet bis nach Kreuzberg (Bernburger Straße) hinein. Zur Erprobung der Magnetbahn wurde 1989 ein Fahrgastbetrieb, zunächst kostenlos, aufgenommen. Probefahrten unter Alltagsbedingungen sollten das System auf Schwachpunkte testen. Die Betriebsführung oblag der BVG mit ihrem Personal, so wurde die Strecke zeitweise auch als Magnetbahnlinie 1 ausgewiesen. M-Bahn Garnitur auf dem Potsdamer Platz 1988, im Hintergrund die Sektorengrenze (“Berliner Mauer”) nach Ostberlin, Reichstag, Quadriga und Charité über der Mauerkrone erkennbar. Mit dem Fall der Berliner Mauer im Herbst 1989 war der Magnetbahnbetrieb Gleisdreieck plötzlich im Wege, die ständig wachsenden Verkehrsströme erforderten die Wiederherstellung leistungsfähiger Schienenverbindungen. Nach Abschluß der Versuchsreihen und Erteilung der Zulassung als Personenbeförderungsmittel wurde die Magnetbahntrasse im Sommer 1991 abgebaut. Die Wiederherstellung der alten U-Bahnverbindung vom Berliner Westen über Bülowstraße zum Alexanderplatz hatte nun Priorität. Quellen:
Text und Zusammenstellung: Markus Jurziczek von Lisone, 2007, refresh 4/2010 |
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