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U-Bahn Berlin

Hochbahnstation Gleisdreieck

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1912 Das Gleisdreieck: Ein Umsteige- und Kopfbahnhof

Das Gleisdreieck stellte seit der Inbetriebnahme 1902 die Verknüpfung zwischen den drei Streckenabschnitten der Hochbahn her. Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Fahrplanstabilität  des Knotenpunktes wurde von 5/1912 bis 8/1913 die Betriebsanlage völlig umgebaut. Die Wagenhalle im Inneren des Dreiecks mit zwei Ebenen wurde ersatzlos abgebaut, aus der rein betrieblichen Abzweigstelle entstand ein Turmbahnhof. In der oberen Ebene endeten nun zunächst die Züge von der östlichen Hochbahn aus Richtung Warschauer Brücke, die Züge aus dem Westen hielten in der unteren Ebene des Hochbahnhofes und fuhren über den Potsdamer Platz auf die 1908 eröffnete Strecke zum Spittelmarkt (Spittelmarktlinie). Fahrgäste, die von der östlichen Hochbahn (später: Kreuzberger Hochbahnstrecke) in Richtung Spittelmarktlinie oder nach Charlottenburg  wollten, mussten nun in Gleisdreieck umsteigen. 

 

Links: Zustand Gleisdreieck 1902, rechts nach dem Umbau 1912

Der Umbau während des laufenden Betriebes war an dieser sensiblen Stelle des Netzes eine Herausforderung. Von Beginn der Umbauarbeiten im Mai 1912 bis zur Inbetriebnahme des Bahnhofes Gleisdreieck im November 1912 wurde der Zugbetrieb aufrecht erhalten. Die Gleislage auf den Viadukten wurde mehrfach verändert. Aber ganz ohne Betriebseinstellungen ging es auch nicht, so wurde der Betrieb von Potsdamer Platz - Möckernbrücke für 2 Wochen, die Fahrt Bülowstrasse - Möckernbrücke für 4 Wochen gesperrt. Die betroffenen Fahrgäste konnten ihr Ziel dadurch nur mit Umsteigen in Bülowstrasse oder Potsdamer Platz erreichen.

Gleisdreieck in der Umbauphase: Es wurden stets zwei befahrbare Seiten des Dreiecks angeboten, ein Schienenersatzverkehr mit Autobussen war damals nicht möglich und unüblich.

Wenige Wochen vor Inbetriebnahme des Bahnhofes Gleisdreieck: Blick vom Gleis Möckernbrücke - Bülowstrasse in die zukünftige Bahnsteighalle der oberen Ebene. Zur Inbetriebnahme in der Nacht 2./3. November 1912 wurde der Dreiecksverkehr beendet. Die nächtliche Betriebspause genügte für den Abschluss der letzten Arbeiten auf dem unteren Bahnsteig, so dass am Morgen der Betrieb auf der unteren Ebene aufgenommen werden konnte. Auf dem oberen Bahnsteig hielten erst gegen Mittag die ersten Züge von der Oststrecke. Die letzten Arbeiten wurden im August 1913 abgeschlossen.

Eröffnungstag Bahnhof Gleisdreieck 3.11.1912: Der Zugang zum Bahnhof war noch provisorisch über umständliche Holztreppen angelegt (vorn im Bild erkennbar von der Luckenwalder Strasse durch den Viaduktbogen und rechts der zweite Teil über das Fahrgleis nach Potsdamer Platz). Für die Fahrgäste gab es nun keine durchgehenden Züge v/n zur östlichen Hochbahn. Fortan unterscheidet man die Betriebsstellen in Gleisdreieck/oben (Go) und Gleisdreieck/unten (Gu).

Blick in die obere Bahnsteighalle Gleisdreieck am Eröffnungstag (3.11.1912). Rechts der Probezug ohne Fahrgäste von der Oststrecke. Zum Umsteigen zum unteren Bahnsteig dient das Treppenkreuz in der Mitte der Bahnsteige. Ortsunkundige suchen hier oft verzweifelt den Ausgang zur Strasse ...

Als Architekt der neuen Hochbahnstation zeichnete Sepp Kaiser verantwortlich. Er schuf eine schlichte Stahlkonstruktion, auch weil der Bahnhof im Stadtbild nicht sichtbar präsent ist. Der Bahnhof mehr die Funktion des Umsteigens hat und äußerlich zwischen Kühlhaus, Postbahnhof und Bahnanlagen keine städtebaulichen Anforderungen in der äußeren Gestaltung einfordert. Der obere Bahnsteig erhielt gläserne Oberlichter, seitlich bleiben Blicke in die Industrielandschaft durch eine geschlossene Stahlkonstruktion verborgen, lediglich auf dem kurzen Freibahnsteig der oberen Ebene ist ein Ausblick möglich.

 

Lediglich für Überführungsfahrten hielt man die eingleisige Verbindungskurve von der Hochbahn in der Bülowstrasse zur späteren Kreuzberger Hochbahn (Südkurve) offen, die erst 1992 außer Betrieb genommen wurde.  Die Verbindungskurve von der späteren Kreuzberger Hochbahn zum Potsdamer Platz (Nordkurve) blieb auch noch erhalten um die Fahrzeuge aus der Kreuzberger Hochbahn ins restliche Netz zu überführen, das Gleis von Potsdamer Platz zur Möckernbrücke wurde  zu einem Anschlußgleis für die dortige Bahnmeisterei gekürzt, und war nur noch von von unten befahrbar. Dieses Anschlußgleis wurde schon vor 1970 stillgelegt.

Mit der Umgestaltung des Gleisdreiecks blieb es zunächst bei den drei bekannten Strecken, die das Dreieck berührten. Angedacht war allerdings schon die Weiterführung der Züge von der östlichen Hochbahn auf einer Entlastungsstrecke nach Westen.

Ausschnitt aus dem Hoch- und Untergrundbahnnetz 1913: Die Züge von der späteren Kreuzberger Hochbahn enden im Kopfbahnhof Gleisdreieck (oben), die Schöneberger U-Bahn (1910) hat noch keine Gleisverbindung am Nollendorfplatz zur Berliner U-Bahn erhalten, der Bahnhof Wittenbergplatz wurde bereits zum Verzweigungsbahnhof (1913) von der alten Stammlinie zur neuen Kurfürstendammlinie (1913) und Wilmersdorf-Dahlemer Bahn (1913). Die Stammlinie wurde auch 1908 nach Norden über den Potsdamer Platz zum Spittelmarkt (Spittelmarktlinie) verlängert.

Mit dem Abschluss des Umbaus 1913 wurde auch eine neue Signalanlage eingeführt: Das selbsttätige Signalsystem der britischen Firma Westinghouse reichte vom nördlichen Endpunkt “Nordring” über die Spittelmarktlinie bis zum Nollendorfplatz. -> Lesen Sie dazu hier weiter. Manuelles Handblocken (Felderblock) hatte damit auf dieser Strecke ein Ende gefunden.

Quellen:

  • Unterlagen (Pläne, Dokumente) aus dem Archiv Berliner Verkehrsseiten
  • Johannes Bousset, die Berliner U-Bahn, 1935
  • Berlins U-Bahnhöfe - Die ersten hundert Jahre, Jürgen Meyer-Kronthaler
  • U1 Geschichten aus dem Untergrund, Denkmalpflegeverein Nahverkehr Berlin (DVN), erschienen 1995, Dieter Kaddoura , Michael Hasse, Mathias Hiller, Manfred Keil und Ivo Köhler
  • Einzigartiger Bildband mit Aufnahmen aus dem Siemens Firmenarchiv vom Bau der Berliner Hoch- und  Untergrundbahn sowie dem Gleisdreieck, Großstadt-Durchbruch - Pioniere der Berliner U-Bahn, Susanne Hattig und Reiner Schipporeit, Jaron-Verlag 2002
  • Hinweise und Ergänzungen aus dem Autorenkollektiv der Berliner Verkehrsseiten: Norbert Heintze, Axel Mauruszat, Wolfgang Heuser,
  • Hinweise aus der Arbeitsgemeinschaft U-Bahn

Text  und Zusammenstellung: Markus Jurziczek von Lisone, 2007, refresh 4/2010

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