Das Verkehrsmagazin Berliner Verkehrsseiten
U-Bahn Berlin

Die Geschichte der Berliner U-Bahn

Werner von Siemens entwickelte bereits 1880 ein Verkehrsmittel, welches der heutigen Hochbahn sehr ähnelt. Er plante eine Hochbahn (Mehringplatz - Friedrichstrasse - Wedding) auf Pfeilern mit einer Spurweite von 1000 mm über dem Gehweg (auf jeder Gehwegseite eine Fahrtrichtung).

Siemens_Pfeilerbahn_1881

Dieses Konzept bekam jedoch keine Baugenehmigung der kaiserlichen Hoheit. Man befürchtete u.a. herabtropfende Wagenschmiere. Um die Funktionsweise des elektrischen Betriebes beweisen zu können, erwarb die von Werner von Siemens gegründete Firma “Siemens” eine stillgelegte Strecke in Lichterfelde. Dort eröffnete er am 16.5.1881 die erste elektrisch betriebene Strassenbahn der Welt. Siemens entwickelte immer wieder Verkehrskonzepte mit Hochbahnen für Berlin. Der märkische Boden galt für Siemens als zu weich und nicht tragbar, um eine Tunnelbahn zu bauen. Die Firma AEG schlug eine Tunnelbahn bereits 1891 vor. Das Projekt wurde nicht ernst genommen, da ein Tunnelbau dieser Größe für nicht durchführbar gehalten wurde. AEG baute 1894 auf ihrem Firmengelände eine unterirdische Bahnstrecke, um die vorgegebenen Probleme beim Tunnelbau zu untersuchen. Dieses Tunnelstück erstreckt sich vom Betriebsgelände in der Ackerstrasse bis zum Werk in der Brunnenstrasse (Wedding). Das Bauwerk ist etwa 270 Meter lang und die Tunnelsohle liegt bis zu 6,5 Meter unter der Fahrbahndecke. Dieses Bauwerk gilt als erste elektrische Untergrundbahn in Kontinentaleuropa und ist heute noch vollständig erhalten.
AEG_Tunnelbahn

Versuchszug einer Röhrenbahn auf dem Betriebsgelände der AEG in Berlin, (heute Stadtbezirk Wedding)

Siemens reichte immer wieder ihren Antrag zur Genehmigung einer Hochbahn ein. Der Antrag von 1880 wurde im Laufe der Jahre immer wieder verändert. So sollten bereits in der Planung von 1893 nun die Wagenzüge auf Normalspurgleisen fahren. Die Trasse sollte nun in der Strassenmitte verlaufen, teilweise auf Pfeilern und teilweise unterirdisch. Die Trassenführung hatte sich nun auch geändert: Vom Bahnhof Warschauer Strasse über Bülowstrasse zum Bahnhof Zoologischer Garten, mit einer Stichfahrt ab Gleisdreieck zum (alten U-Bhf.) Potsdamer Platz . Dieser Plan wurde am 15.3.1896 nach dem Kleinbahngesetz von 1892 für 90 Jahre genehmigt. Die Arbeiten begannen 1896 und dauerten fast 6 Jahre.

1895 begann bei AEG die Planung, nun ein Tunnelstück in Berlin der Öffentlichkeit vorzustellen. Zusammen mit der Baufirma Philipp Holzmann & Co und dem Investor Deutsche Bank sowie weiteren kleineren Betrieben wurde die Gesellschaft für den Bau von Untergrundbahnen GmbH gegründet. Genehmigt wurde die Strecke von Treptower Park nach Stralau unter der Spree hindurch (später bekannt als Spreetunnel). Zunächst wurde keine Betriebsgenehmigung für einen Betrieb der Strecke erteilt. Die Behörden glaubten noch nicht an eine Durchführbarkeit des Projektes. Der Tunnel sollte zur Gewerbeausstellung 1896 vorgestellt werden und alle Befürchtungen, der Berliner Untergrund sei nicht geschaffen für eine Tunnelbahn, ausräumen. Der Tunnel wurde im Schildvortrieb errichtet. Der 454 lange Tunnel wurde erst 1899 fertig. Eine Betriebserlaubnis für den Strassenbahnbetrieb wurde später auch erteilt. (Ausführlicher Bericht in den BVB Heft 4/97 Seite 73).

tafel 03

Tunnelrampe des ersten im Schildvortrieb erbauten Bahntunnels in Berlin: Der Spreetunnel in Stralau. Er wurde später für den Betrieb einer Straßenbahnlinie genutzt. Siehe dazu unter Straßenbahn - Strecken

1897 wurde ein Antrag zum Bau einer Schwebebahn (nach Wuppertaler Vorbild, die jedoch noch nicht gebaut war) von der Stadt Berlin abgelehnt

In den Jahren 1900 bis 1902 erprobte AEG den elektrischen Bahnbetrieb mit Triebwagen auf der Strecke Zehlendorf - Berlin mittels 750V Gleichstrom.

Im September 1901 waren die überwiegenden Anlagenteile der von Siemens seit 1896 gebauten Hoch - und Untergrundbahn fertiggestellt. In der zukünftigen Wagenhalle an der Warschauer Strasse wurden die ersten Fahrzeuge zusammengebaut. So erfolgte im Herbst und Winter 1901 der Probebetrieb der ersten Berliner Hoch- und Untergrundbahn.

Oberbaumbrücke mit der Hochbahnstation Strahlauer Thor, später Osthafen. Der Bahnhof wurde nach dem 2. Weltkrieg nicht wieder aufgebaut, auch wegen der geringen Entfernung zur Endstation Warschauer Straße. Zur Eröffnung wurde zumeist mit 3 Wagen gefahren, die heutigen 8-Wagenzüge würden den geringen Bahnhofsabstand ausfüllen.

Am 15.02.1902 wurde die Strecke Strahlauer Thor / Potsdamer Platz  (alt) in Betrieb genommen (Ministerfahrt). Am 11.03.1902 konnte der Streckenabschnitt Gleisdreieck / Zoologischer Garten befahren werden. Am 17.08.1902 wurde das noch fehlende Stück vom Strahlauer Thor zur Warschauer Strasse für den Fahrgastverkehr freigegeben. Am 14.12.1902 folgte die Erweiterung Richtung Westen zum Bahnhof Knie (heute Ernst-Reuter-Platz).

Der Wagenpark bestand aus nur 42 Triebwagen (3.Klasse) und 21 Beiwagen (2.Klasse -Raucher / Nichtraucher). Die Züge fuhren im 3-Wagen Zug:

 Triebwagen (TW)+Beiwagen (BW)+Triebwagen (TW)

Hochbahnstation Bülowstraße, um 1906

Im Januar 1903 übergab die bisherige “Gesellschaft für elektrische Hoch - und Untergrundbahn in Berlin” die Anlagen an die “Hochbahngesellschaft”. Das Personal wurde übernommen, immerhin schon fast 600 Angestellte.

1904 wurde der Stadt Schöneberg der Bau einer Schwebebahn vorgeschlagen. Diese entschied sich aber für die U-Bahn nach Berliner Prinzip. 1907 probierte die “Continentale  Gesellschaft für elektrische Unternehmungen”, das Schwebebahn- Projekt abermals in Berlin  verkaufen zu können. Zur besseren Darstellung wurde 1907 in der Brunnenstrasse ein kurzes Stück der Schwebebahnkonstruktion aufgebaut. Die Bevölkerung und die Stadtväter mochten dieses “Gestänge” nicht.

Am 29.03.1908 wurde die Strecke bis zum heutigen Theodor-Heuss-Platz verlängert. Zur Eröffnung fuhr auch  Kaiser Wilhelm II . erstmals mit der U-Bahn. Da er zu diesem Anlass eine Pickelhaube aufgesetzt hatte, riss er sich beim Einsteigen in den Zug die Pickelhaube vom Kopf. Er war tief beleidigt und äußerte sich mit den Worten, dass diese U-Bahn eben nur für die kleinen Leute gedacht wäre! Der Wagen in dem der letzte Deutsche Kaiser fuhr, nennt sich Kaiserwagen.

In den folgenden Jahren erweiterte sich das Berliner U-Bahn Netz. Übersicht hier-> Inbetriebnahmeliste

Schöneberg, bis 1920 noch eine selbstverwaltete Stadt, erlebte um die Jahrhundertwende einen unheimlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Sie planten in ihren Stadtgrenzen  bereits für eine hohe Bevölkerungsdichte. In vielen Bereichen sind die Spuren dieser äusserst großzügigen Bauweise erkennbar (z.B. Kanalisation). 1908 konnte mit dem Bau einer eigenen U-Bahn (6. Untergrundbahn Kontinentaleuropas nach London, Paris, Budapest, Berlin und Charlottenburg) beginnen. Die Schönerberger U-Bahn verlief vom Nollendorfplatz (alt) in der Motzstrasse zur Hauptstrasse. Hinter der Motzstrasse lag die alte Betriebswerkstatt Eisackstrasse (Tunnelstutzen noch vorhanden, auf dem Gelände befindet sich heute die Waldenburg-Oberschule). Am 01.12.1910 konnte die wohl kürzeste U-Bahn der Welt (3Km) eröffnet werden. Weitere Strecken folgten.

Neben dieser von einer privaten Gesellschaft errichteten Strecken, plante die Stadt Berlin mehrere Nord-Süd-Verbindungen unterirdisch zu bauen. Die Stadt entschied sich für ein anderes Wagenkastenprofil als die Hochbahngesellschaft. So sollten ihre Wagen eine Breite von 2,65 zeigen (später als Großprofil bezeichnet, Linien U5 bis U10, Kleinprofil mit 2,30 U1 bis U4, Spurweite Normalspur 1435 mm). 1913 wurde mit dem Bau einer Untergrundbahn von der Seestrasse zur Gneisenaustrasse (teilweise heutige U6). Die Strecken konnten jedoch aufgrund des Ersten Weltkrieges nicht zu Ende gebaut werden.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Weiterbau durch Streiks, Baustoffmangel und Inflation erschwert. 1921 sollte die fast 10 -jährige Baustelle im Bereich der Friedrichstrasse zugeschüttet werden. Jedoch fehlte dazu das Geld. 1922 wurde von der Stadt Berlin die Nordsüdbahn AG (NSAG) gegründet. Am 23. Januar 1922 fuhr die erste Großprofilstrecke der Berliner U-Bahn vom Hallesches Tor zum Stettiner Bahnhof (heute Naturkundemuseum). 1925 wurde die erste Werkstatt für das Großprofil in der Seestrasse in Betrieb genommen. Weitere Strecken folgten.

Am 01.01.1929 gingen die Betriebsrechte an die nun neu gegründete Berliner Verkehrs- Gesellschaft (BVG).

In den letzten Kriegsmonaten des Jahres 1945 wurde an 437 verschiedenen Stellen im Netz Schäden gezählt. Ein Drittel des Netzes stand unter Wasser. 496 Fahrzeuge waren nicht mehr fahrfähig, 148 Fahrzeuge konnten nicht mehr aufgebaut werden. 120 Wagen der Bauart C wurden von den Sowjets als Reparationsleistung in ihre Heimat gebracht.

Berlin nach 1945 wird entsprechend der Londoner Konferenz in 4 Sektoren aufgeteilt. In den  folgenden Jahren zeichnet sich eine Spaltung der Stadt in die der Westsektoren und des Ostsektors. Die beiden Stadtverwaltungen trennen das Nahverkehrsunternehmen. Fortan spricht man vom Ostnetz (BVG-Ost, später BVB) und Westnetz (BVG-West).

Im Ostsektor wird die S-Bahn in die neuen Wohnviertel am Stadtrand ausgebaut. Im Westnetz setzt man voll auf den Streckenausbau der U-Bahn. Die Gründe sind unterschiedlich. Zum einen befindet sich das überwiegende Streckennetz der U -Bahn in den Westsektoren, zum anderen ist die S-Bahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel. Die Vorfälle in den Jahren 1948 (Berlin-Blockade) und 1949 (S-Bahn Streik) zeigten dieses sehr eindrucksvoll. Schnell wurden neue Fahrzeuge bestellt und Strecken ausgebaut. Der Mauerbau 1961 zeigte, dass diese Entscheidung richtig war. Der dem Mauerbau folgende S-Bahn Boykott , und die Entscheidung das Strassenbahn-Netz abzubauen führte zu einem raschen Ausbau des U-Bahn Netzes in den Westsektoren.

1966 wurden die Streckenabschnitte in Liniennummern umbenannt. Bisher war das Netz in Buchstabenlinien unterteilt. Auch fuhren die Linien auf gemeinsamen Strecken. Nun wurde ein linienreines Streckennetz eingeführt. Die Buchstaben werden weiterhin bis heute für die interne Bezeichnung der Strecken verwand, und sollte daher bekannt sein.

1972 wurde der durch den Mauerbau bedingt schwach frequentierte Abschnitt Wittenbergplatz - Bülowstrasse - Gleisdreieck  nicht mehr befahren. In den Bahnhof Nollendorfplatz (oben) bezog ein Trödelmarkt den Bahnsteig. Auf den Gleisen wurden alte Fahrzeuge aufgestellt, in denen auch Händler einzogen. In dem Bahnhof Bülowstrasse entwickelte sich über Jahre ein Türkischer Basar. Beide Bahnhöfe wurden mit einer Strassenbahnlinie auf den Hochbahngleisen verbunden. Hier galt allerdings nicht der Normaltarif. Dies war die wirklich letzte Strassenbahn in Berlin (West).

1984 musste die BVG den Betrieb der in den Westsektoren fahrenden S-Bahn mit übernehmen. Die Gelder für den U-Bahn Ausbau mussten nun mit dem Wiederaufbau der S-Bahn Strecken geteilt werden. Daher verzögerte sich der in Bau befindliche Streckenausbau der Linie U8 in das Märkische Viertel. Weitere Bauten wurden daher nicht begonnen. Der Bau der Linie U10 wurde vorerst sinnlos (Lankwitz - Steglitz - Kaisereiche - Innsbrucker Platz - Kleistpark - Kulturforum). Zahlreiche Streckenabschnitte dieser Linie sind bereits als Bauvorleistungen vorhanden.

Der Mauerfall brachte 1989 wieder eine angenehme Veränderung in das Verkehrswesen der Stadt Berlin. Schon wenige Tage nach dem 09.11.1989 wurde der erste Transitbahnhof auf der Linie U8 geöffnet (Jannowitzbrücke). Weitere Bahnhöfe folgten in den nächsten Monaten. Bereits im November 1993 konnte die nun grundsanierte Hochbahnstrecke zwischen Wittenbergplatz und Gleisdreieck über Bülowstrasse und weiter nach Mohrenstrasse wieder befahren werden. Vorausgegangen war die technische Angleichung der Stromsysteme der beiden Kleinprofilnetze. Die BVG-Ost hatte aus betrieblichen Gründen die Polarisierung der Stromzufuhr verändert. Zudem mussten die gewerblichen Nutzer aus den Bahnhöfen Nollendorfplatz und Bülowstrasse abziehen, und die auf dem Abschnitt Gleisdreieck-Tunnelmund Potsdamer Platz befindliche M-Bahn Strecke abgebaut werden. Mit der Wiederinbetriebnahme dieser Verbindung über den Potsdamer Platz veränderte sich auch aus betrieblichen Gründen die Linienführung:  1972-1993 verkehrte die U1 von Ruhleben zum Schlesischen Tor, die U2 von der krummen Lanke zum Wittenbergplatz. Nun seit 1993 fährt die U1 von der Krummen Lanke zum Schlesischen Tor über Kurfürstenstrasse, und die U2 von Ruhleben nach Pankow über Bülowstrasse.

Seit 1996 verkehrt auch wieder auf der Oberbaumbrücke die U-Bahn. Die Oberbaumbrücke verbindet das Schlesische Tor mit der Warschauer Strasse. Auch dieser Abschnitt war durch den Mauerbau seit 1961 getrennt.

Nach langer Zeit wurde im Jahr 2000 ein weiteres Tunnelstück (nach 70 Jahren die erste Kleinprofil-Erweiterung, die auch befahren wird) eröffnet (Strecke Vinetastrasse - Pankow).
DSC01896

Doppeltriebwagen 503/504 in der Abstellanlage und mögliche Erweiterung unter dem “Magdeburger Platz”

Zurückblättern 

Nach oben blättern
Vorblättern
[Geschichte] [Strecken] [Fahrzeuge] [Stellwerke] [Bilder] [Dokumente] [Links] [Foren] [Aktuelles] [Bücher] [Impressum]
Das Verkehrsmagazin Berliner Verkehrsseiten