Das Geschichtsmagazin zum Berliner Nahverkehr - Berliner Verkehrsseiten
U-Bahn Berlin

Stellwerksbezirk Uhlandstrasse

1913 wurde die Strecke von Wittenbergplatz nach Uhlandstraße eröffnet. Die heute dazwischen liegende Station “Kurfürstendamm” (Kfo) wurde erst mit dem Bau der Strecke G errichtet, um eine Umsteigebeziehung zwischen den beiden Linien herzustellen.

U-Gleisplan_1913_U-Wt

Skizze oben: Zustand im Inbetriebnahmejahr 1913, zunächst eingleisige Anbindung an den Bahnhof Wittenbergplatz mit einem einfachen Gleiswechsel jeweils vor dem Bahnsteig. Der zweigleisige Betrieb nach Wittenbergplatz konnte erst mit der Inbetriebnahme der Entlastungsstrecke nach Nollendorfplatz (Tunnelbahnhof) aufgenommen werden (1926).

U_Stellwerksraum_1913

Elektromechanisches Stellwerk E12 (Siemens&Halske) Uhlandstraße zwischen 1913 und 1926

Siemens erhielt den Auftrag, das bisher bei der U-Bahn verfolgte Handblocksystem durch ein automatisierendes Signalsystem zu ersetzen. Im Wettbewerb zur britischen Firma Westinghouse richtete Siemens die 1913 eröffneten Strecken nach Thielplatz und Uhlandstraße mit einem Selbstblocksystem aus. Verwendet wurden hier zunächst die Hebelstellwerke E12, wie sie auch bei Vollbahnen bis heute zum Einsatz gelangen.

Zu den Selbstblocksignalstrecken siehe Artikel  hier.

Gleisskizze U-Wt Stand 1938

Skizzierte Gleislage 1938 mit dem benachbarten Bahnhof Wittenbergplatz

In Uhlandstrasse endet die Strecke BII. Ein Weiterbau der Strecke Richtung Westen ist im Flächennutzungsplan 1999 noch vorgesehen. Die Realisierung scheint jedoch nicht greifbar. Nach den derzeitigen Plänen würde die Strecke dem Verlauf des Kurfürstendamm folgen (Olivaer Platz, Adenauer Platz). Ab Joachim-Friedrich-Strasse verlässt die Planungstrasse den Ku’Damm und steuert über den Umsteigebahnhof Westkreuz zum ICC und fädelt in die bestehende Strecke AI Richtung Ruhleben am Bahnhof Theodor-Heuss-Platz ein.

Fahrschautafel U 1928

oben: Fahrschautafel Stellwerk Uhlandstraße von etwa  193x- 1960 mit wieder neuem Gleiswechsel

unten: Veränderte Situation nach Inbetriebnahme des Umsteigebahnhofes Kurfürstendamm (oberer Bahnsteig, Kfo) 1961 - 1973

Tafel U 1961 - 1973

Von 1961 bis 1973 wurden auch die Weichen 31 und 32 zwischen Wt und Kfo vom Stw. U bedient, ab 1973 ging diese Zuständigkeit an das benachbarte Regionalstellwerk Nollendorfplatz über. Die Fahrschautafel jedoch blieb unverändert (Abb. unten)

Stw Uhlandstraße U Hebelbank 1978

Bei dem Stellwerk (ab 1926 verwendet) handelte es sich um ein elektromechanisches Siemens Einreihen-Stellwerk. Die blauen Hebel steuern die Weichenantriebe an und über das mechanische Verschlußwerk lassen sich die Fahrstraßen (rote Hebel) festlegen. Der grüne Hebel dient zum Einlegen der Automatiksteuerung (Halbselbsttätige Signalschaltung), wie sich auch viele Jahre später bei der Berliner S-Bahn Anwendung fand (Durchleitbetrieb).

Kehranlage Bhf_U_1978

Die viergleisige Kehranlage (für je 8 Wagen) mit der alten Signaltechnik (1978). Die beiden äußeren Gleise würden im Falle einer Streckenverlängerung zu Streckengleisen werden.

Bhf_U_Kehranlage_Sig_22_mit_mechanischer_Fahrsperre

Signal 22 mit mech. Fahrsperre (1978). Der Buchstabe (telegrafische Abkürzung) auf dem Mastschild gibt Auskunft über den Zuständigkeitsbereich (U = Uhlandstraße)

U 1928 Sig 3

    Das Befehlssignal (Leuchtkasten mit 10 km/h Auftrag) ist ein Ersatzsignal, wenn die Hauptsignalbedienung nicht möglich ist. Der Zugfahrer darf nach einem kurzen Halt vor dem Signal mit der angegebenen Geschwindigkeit einfahren. Geschaltet wurde das Befehlssignal vom Stellwerk aus. Da auch beim Ausfall des Signalstroms die Bedienung möglich sein sollte, wurde die Energie für das  Befehlssignal aus dem Fahrstromnetz bezogen. Das begründet auch den etwas ungewöhnlichen “Schalter” für die Glühlampe. Auf der Abbildung unten der Bedienungskasten (Abdeckung zur Anschauung abgenommen) mit dem Stromschalter. Zur Bedienung des Schalters war das Lösen einer Sicherheitsplombe erforderlich, die vom Weichenwärter mit einer Situationsbegründung schriftlich niedergelegt werden musste. Diese Befehlssignale werden heute nicht mehr verwendet.

    Befehlsignalschalter

Bhf_U_Kehranlage_Sig_22

Bhf_U_ASig_19abc_Signalbild_SO_2_Fahrt_freifur_eine_dritte_

Hier waren noch bis zur Ausserbetriebnahme des Stellwerks U die diese alte Signalgebung zu sehen. Signale, von denen zwei oder drei Fahrmöglichkeiten signalisiert möglich sind, tragen neben der Signalnummer am Mastblech die Buchstaben A/B oder A/B/C. Die Anzahl der grünen Lichter zeigt dem Fahrer an, welcher Abzweig (A, B oder C) befahren wird (hier in Uhlandstraße: A= Gleis 7, B = Gleis 3, C= Gleis 4). Diese Signalanzeige gibt es heute nicht mehr im Streckennetz der Berliner U-Bahn.

Kehranlage_Uhlandstr_1978

Kehranlage_Uhlandstr_U_1978

Erstes Elektronisches Stellwerk (ESTW) im Personenverkehr (Deutschland)

Rechneraufbau SIMIS-ESTW (1986) Bahnhof Uhlandstraße, Berlin. Erstes ESTW im Personenverkehr

Abbildung: Rechneraufbau SIMIS 1986. Der Rechner AR wurde später als BAR 16 (Bedien- und Anzeigerechner 16-bit) bezeichnet, der BR als BSTR (Bereichs- und Stellrechner). Bei den heutigen (2011) Anlagen der SIMIS-Stellwerke übernimmt der ZeSAR (Zentraler Schnittstellen und Aufrüstrechner) die Aufgaben des EKIR und BAR16, die US (Unterstation) oder ESTW-A für die örtlichen meist abgesetzten Rechnerbereiche als Begriff verwendet. Der Aufbau der SICAS-Stellwerke für Nahverkehrssysteme  ist stark am SIMIS-Aufbau angelehnt.

Ab 1986 (seit 1983 im Probebetrieb parallel zur alten Technik) wurde der Bahnhof Uhlandstrasse (U) von einem Mikro-Computer-Stellwerk (MC-Stellwerk, später wird der Begriff ESTW verwendet) gesteuert (Bauart “Sicheres Microcomputersystem” SIMIS). Diese Stellwerkstechnik ist der Vorläufer des heutigen SIMIS und SICAS-Stellwerke. Das SIMIS-Stellwerk Uhlandstraße gilt heute als das erste (1983) in Deutschland für den Personenverkehr genutzte zugelassene (1986)  Siemens-MC-Stellwerk.

Fotomontage Firma Siemens (1986) zum ESTW Uhlandstr (Berlin)

Fotomontage Fa. Siemens AG, 1986, MC-Stellwerk U-Bahnhof Uhlandstraße

Der Stellbereich Uhlandstraße umfasste im Jahr 1986: 8 Weichen, 11 Hauptsignale, 1 Vorsignal, 1 Schutzhaltesignal, 11 Notsignale, 5 Geschwindigkeitsüberwachungseinrichtungen und 22 Gleisstromkreise. 19 Fahrstraßen stehen zur Verfügung. Der Gleiswechsel (W31 / W32) zwischen Kfo und Wt wurde bereits 1973 an das bestehende RStw Nm angebunden.

Die Bundesbahn 1986 Siemens Werbung ESTW Uhlandstraße

Über die DET (Daten-Eingabe-Tastatur) werden die Bedienkommandos eingegeben, bspw. “K5.E2”. Auch das  bei der Deutschen Bundesbahn erstmals verwendete ESTW Murnau konnte nur über die Tastatur-Eingabe bedient werden. Heute werden die Signale und Weichen über Mausbedienung auf den Monitorbildern direkt angesteuert.

Uhlandstr1

Das inzwischen museale Eingabegerät mit Monitor kann im U-Bahn Museum Olympiastadion besichtigt werden. Im Jahre 2001 wurde dieses erste ESTW in Ostdeutschland abgeschaltet, und durch eine Weiterentwicklung (SICAS = Siemens Computer Aided Signalling) ersetzt. Das SICAS-Stellwerk ist direkt an die Kleinprofil-LISI-Zentrale am Kleistpark angeschlossen und hält wie alle SICAS-Stellwerke bei der Berliner U-Bahn einen Notarbeitsplatz im abgesetzten Rechnerraum vor.

Quellen:

  • Unterlagen aus dem Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten (Pläne, Bilder)
  • Hinweise und Ergänzungen aus dem freien Redaktionskollektiv Berliner Verkehrsseiten: Detlef Jentzsch,
  • Festschrift Typisch Berlin - Ein BVG-Porträt” 1987, Seiten 128-129
  • Berliner Verkehrsblätter: Heft 5/1983 “Modernste Stellwerkstechnik im U-Bf. Uhlandstraße” von Jochen Busse / Uwe Poppel
  • Firmenprospekt “Mikrocomputer-Stellwerk Uhlandstraße”, 8/1986, Siemens AG, Bereich Eisenbahnsignaltechnik Braunschweig, aus der Sammlung Mauruszat: www.u-bahn-archiv.de 
  • Ergänzungen und Unterstützung von Berliner U-Bahn-Museum (AGU)
  • “Signalordnung (So)” der Berliner U-Bahn (BVG-West, Ausgabe 1961)
  • “Vorschriften für den Stellwerksdienst -Hebelstellwerk-” der Berliner U-Bahn (BVG-West, Ausgabe 1959)
  • Berliner Verkehrsblätter: 10/1986
  • “Die selbsttätige Signalanlage der Berliner Hoch- und Untergrundbahn” von Alfred Bothe, Berlin 1916, 1928
  • Der Hersteller: Siemens mobility

Text und Zusammenstellung: Markus Jurziczek von Lisone, 2003, 4/2010

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