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U-Bahn Berlin

Systemtechnik für den automatischen Regelbetrieb (STAR)

1994 wurde seitens der BVG erste Gespräche mit den Herstellerfirmen ADtranz (Fahrzeughersteller) und Siemens (Sicherungs- und Leittechnik) zur Erprobung des automatischen Betriebes getroffen. Das Interesse seitens der BVG wurde schon mit den beiden LZB und SELTRAC-Projekten bekundet, nur sind die beiden Lösungen noch nicht weit genug gegangen. Ab Herbst 1996 waren die beteiligten Firmen mit der Ausarbeitung und Teilerprobung der Systeme beschäftigt. STAR 2000 wurde vom 1. September 1996 bis zum 30. April 2000 vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie und der landeseigenen Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr gefördert. Das Projekt wurde im September 2002 beendet.

Die ab 1995 gebaute Zugserie H für das Berliner Großprofilnetz war bereits für die Aufnahme eines automatischen Fahrbetriebes vorbereitet. Entsprechende Gerätekästen unter dem Fahrzeugboden blieben der späteren Technik vorbehalten und der Fahrstand ist so konstruiert, dass er sich völlig entfernen liesse. Mit der Indienststellung der Fahrzeugserie H im Jahr 1999 für den Fahrgastverkehr begannen die Arbeiten zur Ausrüstung der Versuchsstrecke. Zum Jahresende 1999 war die Anlage mit zwei Fahrzeugen der Fahrzeugserie H (Triebzüge 5001 und 5002) für nächtliche Versuchsfahrten einsatzbereit.

STAR-Versuchsstrecke auf der Linie 5

STAR 2000 Demonstrationsstrecke auf der U5 zwischen den Bahnhöfen Friedrichsfelde und Biesdorf-Süd, 1999/2000

Zielsetzung:

Ziel des STAR-Projektes war es, wie schon bei den Vorgängerprojekten eine dichtere Zugfolge zu ermöglichen und nachfrageorientiert die Taktfolge zu variieren. Da kein Fahrpersonal vorgehalten werden muss, kann auch kurzfristig die Zugfolgefrequenz verändert werden. Der Nachteil, Arbeitsplätze durch diese Technologie freizusetzen wurde bei Projektvorstellung positiv verpackt, indem das Personal für Service- Aufgaben zur Verfügung stehen würde. In den öffentlichen Vorstellungen wurde stets betont, dass es keinen personalfreien Betrieb geben würde (personalfreie Bahnhöfe gab es bereits schon zum Zeitpunkt der Aussage). Die Züge würden teilweise durch Personal begleitet oder einsatznah eingeteilt werden. Damit allerdings steht auch eine mindere Bezahlung gegenüber und die Erfahrung, dass derartige Vorhaben bei vergleichbaren Vorhaben nur Lippenbekenntnisse waren. Die Zielsetzung lässt sich damit auf den Punkt bringen: Kostenreduzierung auf die notwendigen technischen Aufwendungen. Die Anforderungen an die Sicherheit im Betriebsablauf wurden nur gleich dem konventionellen Betrieb gestellt. Ein Rettungskonzept wurde zum automatischen Zugbetrieb mit erstellt. Aufgabenstellung war, stehengebliebene Züge in den Streckenabschnitten zwischen den Bahnsteigen in einem Zeitfenster von maximal 30 Minuten durch Betriebspersonal erreichen zu können und mit der manuellen Übernahme der Zugsteuerung oder Evakuierung des Zuges Maßnahmen einzuleiten zu können.  Vorgesehen war es, die neue Betriebsform netzweit bei der Berliner U -Bahn anzuwenden.

Die Einrichtung der Automatisierung auf der Demonstrationsstrecke erfolgte nur für die Fahrten von Biesdorf-Süd aus den Gleisen 3 und 4 nach Friedrichsfelde (Gleis1) und Ausfahrt nach Biesdorf-Süd (Streckenfahrten nur in Regelrichtung) in die Bahnsteiggleise 3 oder 4 (mit Kehrfahrt). Berücksichtigt wurde auch der konventionelle Zugbetrieb, denn die Zielstellung war die parallele Betriebsführung bei einer möglichen Systemumrüstung gewesen.

STAR 2000 wurde in den Jahren 1996 -2002 nur als Versuchsstrecke konzipiert. Eine Betriebszulassung und das Sammeln von Erfahrungen im Alltagsbetrieb hätten im Anschluss an die erste Demonstrationsphase erfolgen sollen.

STAR-Leitstelle Biesdorf-Süd, 2000, Foto: BVG

STAR-Leitstelle im Bahnhof Biesdorf-Süd (2000)

Funktionsaufbau:

Anders als bei der LZB und dem SELTRAC Systemen erfolgt bei STAR die Kommunikation nicht mehr über Linienleiter im Gleisbett. Die Datenübertragung erfolgte über Ethernet- Funk- LAN Strecken. Je nach Reichweite werden mehrere Sende- und Empfangsgeräte am Streckenverlauf montiert. Das Verfahren war in Europa nicht neu. Die Beteiligungsfirma Siemens/Matra brachte das 1998 für die Pariser Metro (Linie 14) entwickelte System Meteor ein.

Wie schon bei der LZB von Siemens wirken die Signale aus der Probeleitstelle in die Zugsteuerung ein. Ein “halbautomatischer Betrieb” wie bei der LZB 500  (der Fahrer konnte in den Zugablauf eingreifen) war hier nicht gefordert und daher nicht möglich. Nur für den Demonstrationsbetrieb war jedoch aufgrund der fehlenden Zulassung durch die Aufsichtsbehörde die durch den Fahrer manuell zu quittierende Sicherheits-Fahrschaltung sowie die magnetische Fahrsperre aktiv geblieben.

Über das BVG-eigene Lichtwellenleiternetz (LWL) ist die Probeleitstelle mit den Endgeräten verbunden. Vom zuständigen Stellwerk Friedrichsfelde gelangen ebenso über die LWL die Informationen zur Probeleitstelle. Der Informationslauf von der Probeleitstelle zum Stellwerk war im Versuchsaufbau nicht realisiert worden. Das heißt, Stellanforderungen aus dem  Betriebsrechner etwa zum Aktivieren eines weiteren Zuges aus einer Kehranlage konnten nicht an das Stellwerk abgegeben. Anders als beim SELTRAC-System auf der U-Bahnlinie 4 (1981 - 1993) konnten nur einzelne Teilkomponenten vorgeführt werden. Ein Alltagsbetrieb mit Betriebszulassung hat STAR 2000 nie erhalten.

Schaltungsaufbau STAR 2000 Demonstrationsaufbau 1999 - 2000

Die beiden Versuchszüge waren mit unterschiedliche Technik ausgestattet: 5001 erhielt von der Firma  Siemens/Matra ihre Steuerungstechnik, der Zug 5002 eine von ADtranz entwickelte Technik. Die beiden Triebzüge erhielten spezielle Bahnräumer an den Drehgestellen.

Wie schon bei den beiden vorherigen Systemen LZB und SELTRAC fordert die Aufsichtsbehörde eine Überprüfung der Bahnsteiggleise auf das Freisein von Gegenständen oder Personen. Eine Zugangssicherung mittels Bahnsteigtüren hat betriebliche zahlreiche Nachteile (punktgenaues Stehen der Züge auch beim konventionellem Fahren, einheitliche Abstände der Türen an den Fahrzeugen was bei einer Typenvielfalt nicht gegeben ist). Optional wurde die Nutzung von Bahnsteigtüren berücksichtigt, aber zunächst die Freimeldung durch Überwachungstechnik verfolgt.

Die Bahnsteigenden des Testbahnsteiges (Gleis 3) Biesdorf-Süd wurden mit Gittern gegen ein  Betreten der Bahnanlage abgesichert. Der Bahnsteig-Gleisbereich wurde durch Video- und Laserscanner überwacht.

Das Brandmeldesystem gehörte ebenso zum STAR-Projekt, da die Maßgabe gestellt wurde, ein Zug dürfe nicht in einen Tunnelbereich mit Brandentwicklung einfahren. Die Brandmeldeanlage überwachte daher die Stationen und Streckentunnel.

STAR-Versuchszug 5001 in Alexanderplatz, 2002 noch mit der STAR-Steuerung

Ausblick:

STAR 2000 hat seinen Abschluss in der internationalen Vorstellung im Februar 2000 gefunden. Internationale Gäste anderer Stadtbahnen waren zu einem Fachkongress geladen, um sich über die Zukunft eines automatischen Betriebes auszutauschen. Nach Auslaufen des öffentlich finanzierten Projektes im April 2000 endete die Forschungsarbeit im September 2002. Eine Zulassung für den öffentlichen Verkehr ist nie erteilt worden, dazu genügte der Demonstrationsaufbau nicht aus. Die ortsfesten Anlagen wurden in den Jahren danach demontiert, auch die beiden Fahrzeuge haben ihre Einrichtungen verloren. Fast 18 Millionen Euro kostete STAR 2000. Der Bund zahlte 7,5 Millionen Euro, der  Senat 3,8 Millionen und die BVG fast 1,7 Millionen Euro. Der Rest kam  von Siemens und Adtranz, (Bombardier).

Das Projekt ist positiv abgeschlossen, die technische Durchführbarkeit bewiesen worden. Jedoch bedarf es einer enormen Kosteninvestierung, die momentan über den möglichen Einsparungen liegt. Steigende Energiepreise lassen jedoch automatische Fahrsysteme rentabel werden, da durch die automatische Fahrweise energiesparender gefahren werden kann. Das jedoch konnte schon die LZB-Technik seit 1965 auf der Linie 9 kostengünstiger (ohne die teuren umgebenen Schutzsysteme weil personalgeführter Zugbetrieb) Vorführen.

Seit 2002 gibt es keine ernsthaften Bestrebungen zur Einrichtung eines automatischen Betriebes. Die Politik hatte bisher kein Interesse an der Weiterführung des Projektes in Berlin gezeigt. Letztendlich ist ein derartiges Vorhaben auch mit dem Abbau von Arbeitsplätzen (oder Schaffung von minder bezahlten Arbeitsplätze) verbunden und politisch auch umstritten. Die Kunden sehen mehr Schwierigkeiten durch die personalfreien Bahnhöfe, die für jeden sichtbar in Berlin seit Einführung der Zugfahrer- Selbstabfertigung bei der U-Bahn (ZSA) und S-Bahn (ZAT) sind. Öffentlich werden voll- automatische Systeme bisher in der breiten Meinung abgelehnt.

STAR 2000 hat kaum spätere Entwicklungen gefördert. Das ab 2008 in Nürnberg in Betrieb gegangene RUBIN- Projekt (automatischer Zugbetrieb auf der U3) erforderte eigene Lösungen. Beide Projekte jedoch sind zur gleichen Zeit und von den gleichen Herstellerfirmen entwickelt worden. Jedoch auch Jahre nach der Inbetriebsetzung ist der Betrieb noch von Problemen im Betriebsablauf belastet.

Heutiger konventioneller Betrieb auf der Berliner U-Bahn-Linie 5

Heute (2010) gestaltet sich der Betrieb auf der U-Bahn-Linie 5 herkömmlich im personalgeführten Zugbetrieb. Zuverlässig und personalbesetzt. Qualitativer Zugbetrieb in Berlin.

Hinderniserkennung HEB

Probleme gab es beim STAR-Projekt mit der geforderten Bahnsteiggleis- Prüfung, die allzu häufig Fehlalarme auslöste.

Über die Jahre gab es immer wieder kleine Forschungsprojekte, technisch den Bahnsteiggleisbereich zu überwachen. 2008 gab es im U-Bahnhof Tierpark ein kamerabasiertes Rechnersystem, dass Bildveränderungen im festgelegten Sichtbereich (Gleise) sofort bemerkt, aber Zugfahrten erkennen kann. Bei Auslösung wurde dem Zugfahrer über eine orange Rundumleuchte wenige Meter vor dem Bahnsteig im Tunnel die mögliche Gefahr signalisiert. Dieses Verfahren (HEB) wurde 2009 weiterentwickelt.  Auf vier Berliner U-Bahnhöfen (Neu-Westend, Rosa-Luxemburg-Platz, Hausvogteiplatz und Zwickauer Damm) laufen seit 12/2009 Versuche mit diesem kamerabasierten System, dass Veränderungen im Gleisbereich automatisch erkennt und nun bei Hinderniserkennung das Signal G2a (siehe Signalbuch der Berliner U-Bahn, Lichtsignal mit 25 km/h) einschaltet. So wird der Zugfahrer gewarnt. Gleichzeitig werden die Auslösungen auf Fehler überprüft und die Anlage verbessert. Die “Hindernis- Erkennung B ahnhofseinfahrt” (HEB) ist ein Experiment unter Leitung der der TU Dresden.

Quellen:

Text und Zusammenstellung: Markus Jurziczek von Lisone 4/2010

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