Das Geschichtsmagazin zum Berliner Nahverkehr - Berliner Verkehrsseiten
U-Bahn Berlin

Stellwerksbezirk Alexanderplatz Ap (U8)

Am Alexanderplatz treffen seit 1930 drei Linien (2, 5 und 8) aufeinander, jede Strecke (A, D und E) benutzt einen eigenen Bahnsteig. Eine bis heute nicht realisierte Strecke F (nach Weissensee, Linie U10) ist in der untersten Anlage mit berücksichtigt worden. Ursprünglich verfügten auch alle drei U-Bahnhöfe (mit den unterschiedlichen Abkürzungen A, Ap und Al) über Weichen, daher gab es einst auch für jeden der betrieblich getrennten Bahnhöfe auch je ein Stellwerk.

Das Stellwerk Ap befand sich mit Inbetriebnahme der GN-Bahn (Gesundbrunnen-Neukölln-Bahn) 18.4.1930 wie bei Tunnelbahnhöfen üblich am Bahnsteigende mit Blickrichtung zur Kehranlage.

Stellwerk Ap: Hier wurden nur die Weichen und Signale für die Kehranlage bedient.

Grafik: Übersicht der Gleissituation Alexanderplatz (Ap) Strecke D im Jahr 1957 (Handweichenbezirk). Die Gleisverbindung zu den anderen beiden Strecken A und E am Alexanderplatz besteht zwischen den Stationen Neanderstraße Ne (heute: Heinrich-Heine-Straße) und Jannowitzbrücke Jb und wurde vom Stellwerk Jannowitzbrücke bedient.

Kehrgleis 3 Ap Richtung Norden

Das kurvige Kehrgleis 3 Bahnhof Alexanderplatz (Ap) für die GN-Bahn zwischen den Fahrgleisen

Das Stellwerk Ap (Strecke D) ist in den letzten Kriegshandlungen zerstört worden. Die Stellwerksanlage ist nicht wieder aufgebaut worden, der Relaisraum wurde zur Ansteuerung der Selbstblocksignale wieder hergerichtet. Die Kehranlage war noch bis etwa 1957 Jahre am Streckennetz angeschlossen. Die Bedienung der Kehranlage war jedoch nur aufwendig mit Handweichen möglich. Nach einer Überarbeitung der Gleisanlage jedoch verzichtete man auf die Anbindung (ca. 1958).

Anlage aus der DV 302 (BVB) hier zum Download (-> aus dem BVS-Online-Archiv mit weiteren Dokumenten):

Anlage 20: Verkehrs- und Betriebsdurchführung auf den U-Bahnstrecken C und D sowie der Kehranlage Potsdamer Platz

Signal-Übersichtsplan Handweichenbezirk Ap um 1957 (mit freundlicher Unterstützung Berliner U-Bahn Museum)
Schlüsselkasten für Handweichen Ap im Berliner U-Bahn Museum (2010)

Schlüsselkasten zur Herstellung einer Abhängigkeit zwischen den Handweichen und der Signale für den Handweichenbezirk Alexanderplatz (Strecke D). Zu sehen neben vielen weiteren Ausstellungsstücken zum Thema Zugsicherungstechnik im Berliner U-Bahn Museum.

Handweichenbezirke sind bei der Berliner U-Bahn keine Seltenheit gewesen. Für Weichenverbindungen, die selten oder nur für Arbeitszüge benutzt wurden, sparte man sich ein Stellwerk für die komfortable Fernbedienung der Weichen. Vereinfacht wurden hier verplombte Schlüsselkästen beim Zugabfertiger (Dienstraum Bahnsteigmitte) installiert. Die Weichen im Hauptgleis waren mit einem Weichenschloss gegen ein manuelles Umstellen verriegelt. Der Schlüssel zum Öffnen des Weichenschlosses an der Handweiche (hier im Beispiel Handweiche 1) befand sich im Schlüsselkasten. Wurde der Schlüssel aus dem Schlüsselkasten gezogen, nahmen die schützenden Selbstblocksignale über einen Schaltkontakt die Haltlage ein. Da Selbstblocksignale kein absolutes Halt zeigen (der Zugfahrer ist berechtigt vorsichtig auf Sicht in den Blockabschnitt einzufahren), ist es erforderlich zusätzlich eine rote Signallaterne (damals nach Signalbuch mit der Bezeichnung Signal 15b) am betreffenden Selbstblocksignal (hier im Beispiel am Signal 625) aufzustellen.

Hier ein Auszug aus Vorschriften für den Stellwerksdienst (Hebelstellwerk) U-Bahn (StV HS), Ausgabe 1959:

§§22, 23 III. Bestimmungen für Rangierfahrten und Fahrten über Handweichen

§23 Handweichen und ihre Bedienung

(1) Handweichen können nur durch die in nächster Nähe der Weichenzungen angebrachten aus einem Umstellhebel mit Hebelgewicht, Übertragungswinkel und Verbindungsgestänge bestehenden Stellvorrichtung gestellt werden.

(2) Das Hebelgewicht ist je zur Hälfte mit schwarzem und weißem Anstrich versehen. Bei Grundstellung der Weiche ist die schwarz gestrichene Hälfte dem Erdboden zugewendet.

(3) Handweichen dürfen nur von den damit beauftragten und entsprechend ausgebildeten Bediensteten bedient werden.

(4) Die in Hauptgleisen liegenden Handweichen sind in ihrer Grundstellung verschlossen. Der Verschluß wird durch Weichenschlösser bewirkt, die nur im zugeschlossenen Zustand das Herausnehmen des Weichenschlüssels aus dem Schloß zulassen. Außerdem ist die gegenüberliegende Zunge durch den angelegten und mit einem Vorhängeschloß verschlossenen Zungenhandverschluß gesichert.

Die Handweichenschlüssel befinden sich in den im Stellwerk oder im Zugabfertiger-Dienstraum eingebauten Schließtasten in Abhängigkeit von den die weichen deckenden Signalen. Die Schlüssel für die Vorhängeschlösser befinden sich in den verplombten Schutzkästen für die Schließtasten. Die Reserveschlüssel sind unter Plombenverschluß auf dem Bahnhof aufbewahrt.

Beim Herausnehmen des mit dem Schließtastenschlüssel fest verbundenen Handweichenschlüssels aus der Schließtaste nehmen die abhängigen Signale  die Haltlage ein, hierauf ist das Aufschließen der Handweiche möglich.

Verschlossene Handweichen dürfen nur auf besonderen mündlichen Auftrag des Vorgesetzten aufgeschlossen werden.

(5) Für jedes Handweichenschloß und für die Vorhängeschlösser sind Reserveschlüssel unter Verschluß in den Bahnhofsdiensträumen vorhanden. Muß ein Reserveschlüssel benutzt werden, so ist dies sofort der U-Bahnmeldestelle (VUM), dem Verkehrsmeister und dem Stellwerksmeister zu melden. Der Stellwerksmeister hat nötigenfalls die Maßnahmen zur Bewachung der Weiche oder zur Auswechslung des Weichenschlosses zu veranlassen.

(6) Spitz befahrene, unverschlossene Handweichen müssen bewacht werden, wobei der Wärter dauernd auf guten Zungenschluß und auf die sichere Endlage des Stellhebels zu achten hat.

(7) Bei Handweichen, deren Verschlüsse in Verbindung mit selbsttätigen Signalen stehen, ist vor dem Aufschließen der Weiche oder - falls die Weiche auch im verschlossenen Zustand unbefahrbar geworden ist - an den zugehörigen Signalen das Signal 15b der SO aufzustellen.

(8) Ist bei spitz befahrenen Handweichen die Verbindung der Weichenzungen untereinander oder die Verbindung derselben mit der Stellvorrichtung unterbrochen, oder ist das Handweichenschloß oder sein Sperrbolzen beschädigt, so sind die Weichenzungen durch Handverschlüsse festzulegen und die Weichen zu bewachen.

Aus der Signalordnung (BVG, Ausgabe 1942):

(39) Wenn während des Betriebes Umsetzbewegungen über Handweichen vorgenommen werden sollen, ist vorher an den diese Umsetzbewegungen deckenden Hauptsignalen Signal 15b (Haltscheibe/rote Laterne) aufzustellen.

Die Signalschalttechnik lief bis zur Erneuerung der Sicherungstechnik (SpDrS-U) im Mai 1997. Das Kehrgleis liegt heute noch zwischen den Fahrgleisen, jedoch fehlt seit 1957 die Anbindung an das Streckennetz.

Gleis 3 Bahnhof Ap ohne Anbindung an das Streckengleis

Seit Ende der 90er befindet sich im ehemaligen Stellwerksraum Ap eine Fahrleitungsschaltstelle, wo auch die Fahrleitungsschalterplätze für das Kehrgleis reserviert aber nicht ausgeführt sind. Eine Ortssteuerung des Stellbezirks Ap ist über den Stelltisch Jannowitzbrücke möglich. Eine Reaktivierung des Kehrgleises ist derzeit nicht vorgesehen. Problematisch gestaltet sich hier die für heutige Arbeitsschutzbestimmungen gültige Mindestbreite der  Laufwege neben dem Gleis, die durch die Pfeiler und den benachbarten Fahrgleisen unterschritten wird. Auch besteht kein Bedarf an weiteren Abstell- oder Wendekapazitäten.

Weiche im Kehrgleis Alexanderplatz (D) noch 2010 vorhanden

Neben dem Kehrgleis ist auch die Aussenbogen- Weiche noch vollständig vorhanden. Lediglich die Anbindung an die Streckengleise ist seit den 60er Jahren demontiert. Diese Aussenbogenweiche war bis 1952 die einzige im Streckennetz der Berliner U- Bahn

Kehrgleis Ap mit Gleisabschluß

Prellbock (Gleisabschluß) des Kehrgleises 3 Bahnhof Alexanderplatz (Strecke D) im Jahr 2010

Kehrgleis Ap Gleis 3 Schienenprofil S45

Die noch im Kehrgleis liegenden Schienen der Schienenform S45 aus der Inbetriebnahmezeit der GN-Bahn: 1928 bis 1930.

Quellen:

  • Unterlagen aus dem Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten (Pläne, Bilder)
  • Hinweise und Ergänzungen aus dem freien Redaktionskollektiv Berliner Verkehrsseiten: Danke, Seefeldt, Heintze,
  • Ergänzungen und Unterstützung von Berliner U-Bahn-Museum: Hans-Georg Winkler
  • Zusammenfassung der Entwicklung von Stellwerken bei der Berliner U-Bahn unter dem Titel “Die Zugsicherungsanlage der Berliner Hoch- und Untergrundbahn”, BVG-internes Dokument (Hauptabteilung elektrische Anlagen, Abteilung U- Bahn Bezirk 1” schätzungsweise zwischen 1947/1949 erstellt.
  • Webseite www.stellwerke.de von Holger Kötting
  • Signalordnung der Berliner U-Bahn (BVG), Ausgabe 1942
  • Vorschriften für den Stellwerksdienst -Hebelstellwerk- U-Bahn, Ausgabe 1959
  • Der Hersteller: Siemens mobility
  • Weiterführende Erläuterung “Zugsicherung” bei Wikipedia

Text und Zusammenstellung: Markus Jurziczek von Lisone, BVS 3/2010

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